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 Credit: Eric Vernier 2011 (CC BY-SA 2.0)  https://www.flickr.com/photos/eric-v/8320928325/in/photolist-dFhW6t

Europa

Vorwärts und nicht vergessen

In den nächsten Monaten finden in Griechenland Wahlen auf kommunaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene statt. Wie ein roter Faden zieht sich die Frage nach der Rolle der Europäischen Union (EU) bei den Auswirkungen der globalen Finanzkrise auf Griechenland durch die politischen und öffentlichen Diskussionen. Zeit für eine Rekapitulation der Tragödie.

"Brot, Bildung, Nähe zu den Politiker*innen" - diese Botschaft entrollte ein mutiger Mann 2011 auf den Stufen des griechischen Parlaments.

Eric Vernier 2011 (CC BY-SA 2.0) https://www.flickr.com/photos/eric-v/8320928325/in/photolist-dFhW6t

Neun Jahre sind seit Beginn der griechischen Krise vergangen, drei „Rettungspakete“ wurden von der „Troika“ aus EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) beschlossen. Über die Ergebnisse gehen die Meinungen auseinander.

Als im Sommer 2018 das letzte „Rettungspaket“ auslief, überboten sich die EU und die griechische Regierung mit euphorischen Statements: Der EU-Währungskommissar Pierre Moscovici sprach vom „Ende der gesamten EU-Krise“, der griechische Premierminister Alexis Tsipras gar von einer „neuen Epoche für Griechenland“ nach der „langjährigen Odyssee“.

Doch die Realität zeigt, dass wir weit entfernt sind von einem Ende der Fremdbestimmung. Die griechischen Staatsschulden haben mittlerweile eine Höhe von 350 Μilliarden Euro erreicht - 2015 war es noch 320 Milliarden. Weiterhin werden regelmäßig Kontrollen in Athen durchgeführt, um die Durchsetzung von Sozialabbau, Privatisierungen und neoliberalen Reformen sicherzustellen. Bis 2022 muss Griechenland 3,5 Prozent Haushaltsüberschüsse erwirtschaften.

Generation 400

Der Großteil der griechischen Bevölkerung, die seit 2010 den härtesten Sozialabbau im Westeuropa der Nachkriegszeit durchlebt, schenkt den Versprechungen und Durchhalteparolen längst keinen Glauben mehr. Vor allem können viele Griech*innen nicht vergessen, dass sie plötzlich für gigantische Schulden zur Verantwortung gezogen wurden, an denen sie völlig unschuldig sind.

Seit dem ersten „Rettungspaket“ im Jahr 2010 hagelte es Steuererhöhungen und drastische Kürzungen bei Renten, Sozialleistungen und öffentlichen Einrichtungen. Die Folge waren massive Belastungen für Haushalte mit geringem oder mittlerem Einkommen. Wegen fehlender öffentlicher Investitionen stagnierte die Wirtschaft und die Arbeitslosigkeit blieb hoch. Fast eine halbe Million junger Menschen haben das Land verlassen. Die geblieben sind, werden nach ihrem monatlichen Einkommen benannt: 2010 waren sie noch die „Generation 700“, mittlerweile sind sie die „Generation 400“.

Unvergessen bleibt auch der Sommer 2015. Nachdem die neu gewählte linke Regierung unter Alexis Tsipras auf dem Verhandlungsweg nichts erreichen konnte, ließ er das griechische Volk in einem Referendum über die Austeritätspolitik der EU abstimmen. Allen Einschüchterungsversuchen der EU und der deutschen Regierung zum Trotz, die mit einem harten Grexit und chaotischen Zuständen gedroht hatten, sagten 61 Prozent der Griech*innen „Oxi“ (Nein) und sendeten damit eine klare Nachricht nach Brüssel und Berlin. Doch dieses Referendum wurde einfach ignoriert und die griechische Regierung setzte die Vorgaben der EU weiter um.

Macht und Gegenmacht

Seit 2010 haben mit Konservativen (Nea Dimokratia), Sozialdemokrat*innen (PASOK) und Linken (SYRIZA) drei unterschiedliche Parteien mit noch unterschiedlicheren Koalitionspartnern die Regierung geführt. Die Politik blieb immer dieselbe. An der Regierung zu sein, bedeutet eben nicht, an der Macht zu sein.

In Griechenland hat die EU ihr wahres, kapitalistisches Gesicht gezeigt. Nicht Griechenland wurde gerettet, sondern der griechische und europäische Bankensektor, und zwar auf dem Rücken der Lohnabhängigen.

Die Politik der EU, die Ausrichtung auf die Profite von Banken und Großkonzernen, zerstört nicht nur Griechenland, sondern ganz Europa. Das Problem heißt Kapitalismus. Internationalistische, solidarische und kämpferische Bewegungen gegen Banken und Konzerne müssen gemeinsam und länderübergreifend Gegenmacht organisieren, um die zeitlose Frage von Berthold Brecht zu beantworten: „Wessen Morgen ist der Morgen? Wessen Welt ist die Welt?“

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