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Corona

»Da blutet das Wirtsherz«

Mario ist Kneipenwirt. Er erzählt, wie sich die Neuköllner Kneipenlandschaft verändert hat – und warum es dringend eine Bürgerversicherung braucht.

Seit wann gibt es das Bierhaus Sunrise?

Seit 24 Jahren. Fast genauso lange bin ich hier. Meine Mutter war auch schon Wirtin, ich habe die Bar dann übernommen. Es kommen heute noch Leute, die schon bei meiner Mutter Gast waren. Neuköllns Kneipenlandschaft war da allerdings noch ganz anders.

Was hat sich verändert?

Es gab einerseits viel mehr Kneipen: Eine Ecke, vier Kneipen, hieß es. Früher waren sie eher bahnhofshallig. Vor etwa 20 Jahren fing es dann an mit den Wohnzimmern, es wurde gemütlicher. Man könnte sagen: Wir haben hier eine Wohnzimmerkneipe gemacht, bevor es so genannt wurde. Früher war es auch mit der Musik ein bisschen schwieriger, da wollte man noch Schlager hören. Anfangs kam man da nicht drum herum, aber wir haben versucht, andere Musik einzuflechten. Auch sonst hat sich einiges geändert. Früher haben wir um 9 Uhr morgens aufgemacht, da kamen zum Beispiel Rentner. Und die Bauarbeiter kamen pünktlich um 16 Uhr. Das Publikum hat sich mittlerweile verjüngt, ist auch internationaler geworden. Wir öffnen später, dafür geht es nachts länger. Ich findʼs deutlich charmanter jetzt.

Wie wart ihr durch Corona betroffen?

Am 14. März habe ich in den Nachrichten gehört, dass wir schließen müssen. Das war ein Samstag. Das kam für alle sehr überraschend – seit 23 Jahren will man Urlaub haben und hat ihn dann plötzlich. Wir haben die Zeit genutzt und alles renoviert, Urlaub war also nicht. Genauso kurzfristig hieß es dann, dass wir wieder öffnen können. Am 2. Juni haben wir wieder aufgemacht und am 30. Mai Bescheid bekommen. Man musste also vieles schnell vorher erledigen. →

Wie war das, als ihr wieder aufgemacht habt?

Schön! Aber da galt noch die Sperrstunde. Da blutet ein bisschen das Wirtsherz, wenn man 25 Leuten um 23 Uhr sagen muss: Ihr könnt nach Hause gehen. Jetzt ist es noch verboten, am Tresen zu sitzen. Das ändert viel, der Tresen ist schon das Herz der Berliner Kneipe.

Habt ihr in der Zeit finanzielle Unterstützung bekommen?

Ja. Es hat auch gut geklappt mit dem Antrag, das Geld war schnell auf dem Konto. Man hat sonst oft das Gefühl, es wird eher den ganz großen Betrieben geholfen und den ganz kleinen, das war diesmal anders. Schwierig ist es allerdings für viele Selbstständige mit der Krankenversicherung: Wenn man einmal in der privaten Krankenversicherung war und etwa wegen einer finanziellen Schieflage gekündigt wurde, was die Privaten lange durften, kommt man in die gesetzliche Krankenversicherung nicht rein und ist am Ende gar nicht versichert.

Insgesamt sind wohl hunderte Leute in Berlin betroffen. Da muss man nur in den Kneipen mal nachfragen, es geht auch vielen Selbstständigen so. Der Senat hat beschlossen, dass man auch ohne Versicherung bei Corona behandelt werden kann, aber eine Krankenversicherung wäre mir deutlich lieber.

Was müsste sich ändern?

Die Programme, die bei Rot und Dunkelrot schon lange auf dem Tapet stehen, müssen endlich mal umgesetzt werden. Eine Bürgerversicherung, in die alle einzahlen. Auch die Beamten und Selbständigen.

Gibt es sonst noch etwas, was du dir für Neukölln wünschen würdest?

Die Mietensituation ist ja bekannt. Da sollte sich etwas ändern. Früher hat man 100 Quadratmeter für 550 oder 600 Euro warm bekommen, das gibt es jetzt nicht mehr. Auch nicht in Gegenden, wo früher keiner wohnen wollte. Auch die Gewerbe sind von den Mietsteigerungen natürlich betroffen. Jetzt bekommt man auch oft nur noch Zweijahresverträge, früher waren es noch fünf oder zehn Jahre.

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