Neukoellnisch Logo

Gewerkschaften

Ein Schlag für die Eisenbahnerfamilie

Was sind die Folgen für die Beschäftigten, wenn private Betreiber die S-Bahn übernehmen?
Darüber hat neuköllnisch mit dem S-Bahner Janek Neuendorf gesprochen.

Was bedeutet die Ausschreibung für dich als Beschäftigten der S-Bahn?

Wie viele meiner Kolleg*innen stehe ich vor der Frage, was mit meinem Arbeitsplatz passiert, wenn die S-Bahn Berlin die Ausschreibung nicht gewinnt. Im schlimmsten Szenario verliert die S-Bahn Berlin zwei Drittel des Netzes. Fast 3.000 Mitarbeiter müssen dann darauf hoffen, bei der S-Bahn Berlin GmbH zu bleiben, eine andere Stelle im DB-Konzern zu bekommen oder zu schlechteren Bedingungen zum neuen Betreiber zu wechseln. Die vagen Versprechen des Senats sind bis heute nicht zufriedenstellend. Denn selbst wenn bestimmte Berufsgruppen wie Lokführer übernommen werden müssen – was passiert mit den Mitarbeiter*innen aus der Verwaltung, dem Kundendialog, Marketing und den Werkstätten? Bisher ist das vollkommen offen.

Der Senat betont, dass die Arbeitsbedingungen bei einer Vergabe an einen neuen Betreiber maximal gesichert seien. Stimmt das?

Nein. Über Jahrzehnte erkämpfte Tarifverträge sowie darüber hinausgehende Betriebsvereinbarungen sind dann verloren. Betriebsrenten werden kaum übernommen werden. Das Gleiche gilt für eingebrachte Urlaubstage oder Entgelte auf einem Langzeitkonto für ein Sabbatjahr oder einen früheren Rentenbeginn. Selbst wenn die Löhne gleichbleiben – für die übernommen Beschäftigen kann es nur schlechter werden, sei es in der Arbeitszeitgestaltung, den Ruhezeiten oder dem Urlaubsanspruch. Außerdem wird die Beschäftigungsperspektive für die Mitarbeiter*innen auf die Laufzeit von Verkehrsverträgen, 15 Jahre, begrenzt. Das schafft große Unsicherheit. Langjährig aufgebauten Arbeitnehmerstrukturen mit starken Betriebsräten und Gewerkschaften droht die Zerschlagung. Ein großer Vorteil der S-Bahn sind die die vielen Mitarbeiter*innen, die für ihre S-Bahn brennen. Nicht ohne Grund ist oft die Rede von der Eisenbahnerfamilie. Wir kennen unsere S-Bahn, wissen wo das System gut läuft und wo es Probleme gibt. Diese Identifikation wird durch die Ausschreibung mit Füßen getreten.

Wer könnte nach einer Ausschreibung die S-Bahn betreiben?

An der Ausschreibung beteiligen sich große, internationale Unternehmen, hinter denen Investmentfonds oder Staatskonzerne stehen. Sie sind nicht daran interessiert, den Nahverkehr in der Region zu entwickeln, sondern daran, im Rahmen der 15-jährigen Verträge den größten Profit zu erzielen. Das zum größten Teil über die Senkung der Personalkosten. Die Politik nimmt die Verschlechterung von Arbeitsbedingungen und den Verlust von Arbeitsplätzen in Kauf.

Die Ausschreibung wird auch damit begründet, die Qualität des Betriebs zu verbessern. Wie schätzt du das ein?

Der Vorwand, dies geschehe zum Wohl der Fahrgäste, ist falsch. Zahlreiche Beispiele der letzten Monate haben gezeigt, dass neue, private Betreiber den Betrieb nicht störungsfrei aufnehmen können. Sie finden einfach keine Mitarbeiter, die zu ihren Bedingungen arbeiten wollen. Der Fachkräftemangel vor allem im Eisenbahnbereich verstärkt das Problem noch.

Dass gerade eine rot-rot-grüne Landesregierung die Zerschlagung der S-Bahn und die Umverteilung von öffentlichen Geldern in private Taschen so eifrig vorantreibt, verstört umso mehr. Statt sich alle paar Jahre um kostspielige Verkehrsverträge zu kümmern, sollte man das System S-Bahn fit für die nächsten 50 Jahre machen. Wie wollen wir die wachsende Zahl an Fahrgästen befördern? Wie wollen wir noch mehr Menschen dazu bewegen vom Auto auf die Bahn umzusteigen, wenn das System heute schon an seine Grenzen kommt? Private Unternehmen werden sich mit diesen Fragen nicht beschäftigen und die Verkehrsplaner im Senat haben vor lauter Verkehrsverträgen keine Augen für die Themen der Zukunft.

Sorry, there is no ALT-Text for this image yet.

Gewerkschaften

Mehr Lohn statt Ovation!

Auf die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst und im öffentlichen Nahverkehr kommt ein heißer Herbst zu. Im September starten die […]

Sorry, there is no ALT-Text for this image yet.

Gewerkschaften

»In den Krankenhäusern läuft nichts rund«

Zurzeit bekommen sie von allen Seiten Applaus. Doch den Pflegekräften in den Berliner Krankenhäusern reicht das nicht. Sie fordern vom Senat einen neuen Krankenhauspakt. Neuköllnisch hat mit dem Krankenpfleger David Wetzel gesprochen.

Sorry, there is no ALT-Text for this image yet.

Gewerkschaften

Tarifkampf auf dem Bau beendet

Bei den Tarifverhandlungen im Bauhauptgewerbe musste erneut ein Schlichter bemüht werden. Das hat dort schon Tradition. Zuvor konnten sich die […]