„Wohnen in Berlin soll bezahlbar bleiben“ steht auf einem Plakat, mit dem Airbnb wirbt. Daneben Jazmin, „Gastgeberin in Neukölln.“ Man wolle Berlin darin unterstützen, Wohnraum effektiv zu schützen, heißt es darunter. Es wirkt also, als würde Jazmin mit möglichen Gästen und der Nachbarschaft sprechen, unterstützt von einem freundlichen Unternehmen, das die Zeichen der Zeit verstanden hat. Hotelzimmer sind out, Teilen ist in, wer die Stadt wirklich kennen lernen will macht Homesharing. Doch nichts spricht dafür, dass es Airbnb wirklich um bezahlbare Mieten geht oder darum, Wohnraum zu schützen. Denn das „Homesharing“ ist für das Unternehmen vor allem ein großes Geschäft. Airbnb macht Milliardenumsätze und will 2020 sogar an die Börse, nachdem der Börsengang zuletzt verschoben wurde. Allein in Berlin werden über die Online-Plattform 22.552 Unterkünfte vermietet, wie sich über das Portal Inside Airbnb herausfinden lässt. Fast ein Viertel der Anbieter*innen, 23,6 Prozent, haben demnach mehrere Inserate eingestellt. Viele wohnen wohl gar nicht selbst dort, sondern vermieten eigentlich Ferienwohnungen. In Neukölln werden derzeit 3.499 Unterkünfte angeboten, bei knapp 20 Prozent der „Gastgeber“ ist es mehr als eine Unterkunft. Es liegt also nahe, dass hunderte Wohnungen im Bezirk illegal als Ferienwohnungen vermietet werden. Airbnb verdient an jeder Vermietung mit, während der Wohnraum in den Kiezen fehlt.
Städte vs. Airbnb
Berlin und andere Städte gehen gegen diese Zweckentfremdung von Wohnraum vor. Airbnb hält mit Klagen und Lobby-Arbeit dagegen, um die eigenen Profite abzusichern. 2018 wurde in Berlin das Zweckentfremdungsverbot-Gesetz verschärft. Wer mehr als 49 Prozent der Wohnfläche vermietet, muss für 225 Euro eine Genehmigung beantragen. Wer weniger vermietet, braucht nur eine Registriernummer vom Bezirksamt. Airbnb wird durch Regulierungen wie diese das Geschäft erschwert, für die Kommunen sind sie Notwehr. Ob und wie die Gesetze umgesetzt werden, darum gibt es in mehreren Städten Auseinandersetzungen, ob Berlin, München oder Paris. In Berlin werden auf der Plattform weiter Unterkünfte ohne Registriernummer angeboten. Airbnb lässt das zu und macht die Daten von illegalen Anbieter*innen nicht transparent. Das müsste das Unternehmen eigentlich, so stellt es auch ein Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes des Berliner Abgeordnetenhauses fest. Airbnb bietet Städten an, bei der Registrierung und Genehmigung zu kooperieren. Das bedeutet aber zum Beispiel, dass der Konzern über die Konditionen mitbestimmen kann. Auch in Berlin hat Airbnb das versucht, der Senat hat es aber aus guten Gründen abgelehnt. Mit der neuen Kampagne fordert Airbnb jetzt einen „einfachen und digitalen Registrierungsprozess wie in Hamburg", wo die Registrierung automatisiert ist und nicht jeder Einzelfall geprüft wird. Die Plakate sind also eine kleine Etappe im seit Jahren andauernden Machtkampf zwischen Konzern und Kommunen. Entschieden ist er noch nicht. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs macht es den Städten jetzt aber schwerer. Auf Nachfrage eines französischen Gerichts hat das EuGH im Sinne des Konzerns entschieden, dass dessen Geschäfte ein „Dienst der Informationsgesellschaft” nach der E-Commerce-Richtlinie und das französische Recht daher nicht anwendbar sei. Das Urteil dürfte auch die Regulierung in anderen Städten erschweren.